Grundsätzliches zum Sauerteig
1. Woher kommt er? Wie entsteht er?
Sauerteig ist ein Mittel zur Lockerung und Säuerung von Teig, das wahrscheinlich im alten Ägypten erfunden wurde. Sauerteig entsteht aus einem Gemisch von Mehl und Wasser unter Einwirkung von Wärme und der jeweils am Ort der Herstellung oder der Ernte des verwendeten Getreides befindlichen wilden Hefen (Lockerung, »Gehen«) und Milchsäurebakterien (Säuerung). Diese beiden Organismen gehen im Sauerteig eine Symbiose ein und benötigen nach ein paar Tagen (je nach Temperatur) weitere Nahrungszufuhr in Form von Mehl und Wasser. Umgangssprachlich unterscheidet man Sauerteig und Hefe. Gemeint ist dann die in Würfeln und als Pulver erhältliche Bäckerhefe, ein über Jahrzehnte aus wilden Hefen gezüchtetes robustes Produkt, das stärker und schneller zur Teiglockerung führt. Ihr fehlt jedoch der charakteristische Sauerteig-Geschmack, der auch durch Zugabe von Sauerteig-Extrakt oder Säuerungsmitteln wie Essig nicht ganz erreicht werden kann. Sauerteig-Kulturen können sich voneinander in Geschmack und Aktivität unterscheiden. Das hängt von den beteiligten Mikroorganismen ab, die sich vor allem an der Schale des Getreidekorns befinden, aber auch in der Luft. Ein in San Francisco angesetzter Sauerteig kann deutlich anders schmecken als ein in München angesetzter, ein aus Roggenmehl angesetzter anders als einer aus Weizen usw. Eine einmal ins Leben gerufene Sauerteig-Kultur kann konserviert (getrocknet, gekühlt, tiefgefroren) werden und mitsamt ihrer Charakteristik wieder belebt werden. Das macht es möglich, Sauerteig aus anderen Regionen zu kaufen, zu tauschen oder sich aus dem Urlaub einen selbst gemachten Sauerteig mitzubringen. Sauerteig lässt sich im Kühlschrank problemlos aufbewahren. Er verfällt dann in einen Ruhezustand. Wenn man dann mit ihm backen will, kann man ihn durch Zufuhr von Mehl, Wasser und Wärme wieder backfertig machen. 2. Wie erhalte ich Sauerteig? Entweder, indem ich aus Mehl und Wasser selbst Sauerteig herstelle oder indem ich eine bereits vorhandene Sauerteig-Kultur (vom Bäcker, von Freunden, aus der Tüte) vermehre. a) Sauerteig selbst herstellen Ein einfaches Rezept: b) Sauerteig aus einer vorhandenen Kultur vermehren Wie oben, aber am Anfang die vorhandene Kultur mit einrühren. Bei einer stabilen Kultur sollte es auf diese Weise nicht so lange dauern, also eher 1 bis 3 Tage. Was ist: an einem warmen Ort": Optimal für die Entwicklung des Sauerteig sind Temperaturen zwischen 25 und 30°C. Bei niedrigeren Temperaturen dauert die Entwicklung des Sauerteig länger, manchmal kommt er gar nicht zustande. Bei höheren Temperaturen entsteht weniger Säure und der Geschmack kann fade werden.
Bemerkung zu weiteren Zutaten: Manchmal wird empfohlen, neben Mehl und Wasser weitere Zutaten
zuzugeben, etwa Kümmel, Jogurt, Kartoffelwasser, Weintrauben, Essig oder
gar Bäckerhefe. Wenn das auch oft nicht schadet, nützt es jedenfalls
auch nicht. Die in diesen Zutaten befindlichen Organismen entwickeln sich in
einem klassischen Sauerteig nicht von selber. Die meisten von ihnen
verschwinden, sobald sich der Sauerteig stabilisiert. Es kann aber auch sein,
dass sie die vorhandene Sauerteig-Symbiose stören. Bäckerhefe z.B.
ist empfindlich gegen die Säuren im Sauerteig. Es werden also entweder die
Säuren die Bäckerhefe verdrängen oder umgekehrt. Andere Zutaten
als Mehl und Wasser können also getrost gleich weggelassen werden. Auch Salz gehört nicht in den Sauerteig. Wenn man also vom backfertigen Sauerteig einen Teil für das nächste Backen aufheben will, sollte man das vor der Zugabe jeglicher Zutaten, tun. Salz im Sauerteig hemmt die Vermehrung von Hefen. Im Brotteig jedoch ist Salz in der Regel nicht nur geschmacklich erwünscht, sondern versieht auch bei der Stabilisierung der Brotstruktur seinen Dienst. 3. Wie pflege ich meinen Sauerteig? Die meisten Sauerteig-Bäcker haben eine kleine Menge Sauerteig vorrätig, aus der sie bei Bedarf eine größere Menge backfertigen Sauerteig machen. Von dieser nehmen sie vor dem Backen einen kleinen Teil ab, der ihnen beim nächsten Mal als Startkultur für backfertigen Sauerteig dient. Auf diese Weise kann man mit einer einzigen Sauerteig-Kultur praktisch unbegrenzt lange auskommen. Sauerteig hält sich problemlos in einem Schraubglas im Kühlschrank. Auch dort gärt er sehr langsam weiter, weshalb
Wenn man auch nur alle paar Wochen bäckt, hält sich der Sauerteig in der Regel gut. Manche wollen ihren Sauerteig noch nach einem halben Jahr verwendet haben. Eine längere Lebensdauer soll so genannter »Krümelsauer« haben: Sauerteig, der mit viel Mehl zu Krümeln gemischt wird. Sauerteig lässt sich auch einfrieren. Eine Methode, die weniger zur Aufbewahrung als vielmehr zum Transport per Post oder als »Sicherheitskopie« gedacht ist, ist das Trocknen. Streicht man Sauerteig dünnflüssig auf einen Bogen Wachs- oder Backpapier, lässt er sich nach dem Eintrocknen leicht lösen und klein krümeln. Das so gewonnene Pulver lässt sich wie wieder reaktivieren. Alles vorher gesagte versagt aber in den Tropen oder bei einem heissen, langen Sommer in unseren Breiten. Schmieriger, stinkender und nicht mehr seine Arbeit verrichtender Sauer ist die Regel bei einem Laien, der nicht die Zeit und die Ausbildung eines Bäckers hat. Hier nun greift ein geriergetrockneter Sauer in die Unmöglichkeit einer Lagerung bei hohen Temperaturen ein. Diese Trocknung verhindert ein weiteres Säuern, eine Verunreinigung durch Fremdbakterien oder Pilze. Der Sauer bleibt 4-5 Jahre ohne Probleme lagerfähig. 4. Wie backe ich mit Sauerteig? Rezeptsammlungen in Büchern oder dem Netz bieten zahlreiche Sauerteig-Rezepte. In vielen davon ist allerdings etwa von »Sauerteigextrakt aus dem Reformhaus« o.ä. die Rede. Weiter enthalten die meisten zusätzlich Bäckerhefe - wogegen selbstverständlich nichts zu sagen ist, was allerdings auch nicht den reinen Sauerteig-Geschmack ergibt. Ein reines Sauerteig-Brot braucht im Vergleich zu anderen Broten vor allem zwei Dinge: viel Sauerteig (20 bis 40% des Teigs) und viel Zeit (zum Gehen). Der Sauerteig muss backfertig sein, wenn das Brot ohne Bäckerhefe auskommen soll. Auf Englisch nennt man den backfertig aktivierten Sauerteig »Sponge« (= Schwamm, weil von Bläschen durchsetzt). Backfertigen Sauerteig erkennt man wie unter 2.a) beschrieben. Wenn er nur säuerlich riecht, aber keine oder nur wenig Bläschen aufweist, kann man damit zwar auch backen - es schmeckt dann auch ein wenig nach Sauerteig -, aber man benötigt zusätzlich ein Lockerungsmittel wie Bäckerhefe. Wenn der Sauerteig aus dem Kühlschrank kommt, ist er in der Regel nicht backfertig, sondern befindet sich im Ruhezustand. Man vermischt ihn dann mit so viel Wasser und Mehl, wie zusammengenommen im Rezept an Sauerteig verlangt wird (nicht zu knapp, denn man braucht ja auch wieder einen Rest Sauerteig für das nächste Mal) und lässt das Gemisch so lange stehen, bis es den Kriterien für backfertigen Sauerteig entspricht. Das passiert je nach Wärme über Nacht oder in wenigen Stunden. Hier ist ein einfaches Rezept für einen Laib Brot Zutaten: Alle Zutaten bis auf das Mehl in einer Schüssel gut
vermischen. Dann Mehl einrühren, bis sich der Teig von der Schüssel
löst. Auf einer mit Mehl bestäubten Arbeitsfläche restliches
Mehl, evtll. zusätzliches Mehl einkneten. Eine Besonderheit bei
Sauerteig-Broten ist, dass sie nicht lange geknetet werden sollten. (Für
eine gute Brotstruktur hat das lange Gehen bereits gesorgt, durch zu starkes
Kneten wird sie eher wieder zerstört. Der backfertige Laib ist daher oft
klebriger als bei anderen Broten.) Eine Kugel formen, auf ein gefettetes oder
mit Backpapier ausgelegtes Blech legen und an einem warmen Ort zugedeckt so
lange gehen lassen, bis sich das Volumen ungefähr verdoppelt hat. (Kann je
nach Wärme, Mehlsorte, Sauerteig-Stärke 2-6 Stunden dauern.) |