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Sauerteig-FAQ 2.0
(Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Thema Sauerteig)
Die voll verlinkte Version dieses FAQs und eine
Sauerteig-Fotogalerie finden Sie unter
http://www.moglitronik.de/sauerteigfaq. Sauerteig Foto-Galerie
1. Was ist Sauerteig? 2. Woher bekomme ich Sauerteig? 3.
Wie bewahre ich Sauerteig auf? 4. Wie backe ich mit Sauerteig? 5.
Welche Mehl- und Getreidesorten kann ich verwenden? 6. Wo erfahre ich mehr
über Sauerteig? 7. Wo gibt es Sauerteig und Mehl zu kaufen? 8. Was
bedeutet
? 9. Dank & Copyright
1. Was ist Sauerteig?
Sauerteig ist ein Mittel zur Lockerung und Säuerung von
Teig, das wahrscheinlich im alten Ägypten erfunden wurde. Er entsteht aus
einem Gemisch von Mehl und Wasser unter Einwirkung von Wärme und
bestimmten Mikroorganismen, die sich im Mehl und in der Luft befinden. Das sind
erstens wilde Hefen (die für die Lockerung des Teigs wichtig sind)
und zweitens Essig- und Milchsäurebakterien (die für die
Säuerung sorgen). Diese Organismen gehen im Sauerteig eine Symbiose ein
und benötigen nach ein paar Tagen (je nach Temperatur) weitere
Nahrungszufuhr in Form von Mehl und Wasser.
Umgangssprachlich unterscheidet man Sauerteig und Hefe. Gemeint
ist dann die in Würfeln und als Pulver erhältliche
Bäckerhefe, ein über Jahrzehnte aus wilden Hefen
gezüchtetes robustes Produkt, das stärker und schneller zur
Teiglockerung führt. Ihr fehlt jedoch der charakteristische
Sauerteig-Geschmack, der auch durch Zugabe von Kunstsauer,
Natursauerteig-Extrakt oder Säuerungsmitteln wie Essig nicht erreicht
wird.
Doch nicht nur sein unnachahmlicher Geschmack macht Sauerteig so
wertvoll. Seine Mikroorganismen bauen zudem Phytin ab, einen Abwehrstoff der
Getreidepflanze, der in den Randschichten des Korns sitzt und Mineralien wie
Zink und Magnesium an sich bindet. Diese Mineralien können vom
menschlichen Körper effektiver aufgenommen werden, wenn das Phytin
während der Sauerteig-Gärung abgebaut wird. Mit dem traditionellen
Sauerteig-Verfahren (ohne Bäckerhefe) gewinnt man also ein besonders
wohlschmeckendes und gesundes Brot. Für Roggenbrot ist eine Säuerung
praktisch unerlässlich: durch sie verändern sich bestimmte
Inhaltsstoffe des Roggenmehls auf eine Weise, die das Mehl erst backfähig
macht.
Allerdings erscheint die Zubereitung am Anfang etwas
komplizierter und benötigt in der Regel eine längere
Vorbereitungszeit. Andererseits müssen Sauerteigbrote nicht lange geknetet
werden. Wer nach einer Weile eine Routine entwickelt, dem erscheint das Backen
mit Sauerteig nicht schwieriger als das Backen mit Bäckerhefe.
Sauerteigkulturen können sich voneinander in Geschmack
und Aktivität unterscheiden. Das hängt von den beteiligten
Mikroorganismen ab, die sich vor allem an der Schale des Getreidekorns
befinden, aber auch in der Luft. Ein in San Francisco angesetzter Sauerteig
kann deutlich anders schmecken als ein in München angesetzter, ein aus
Roggenmehl angesetzter anders als einer aus Weizen. Mit manchen Sauerteigen
»geht« der Teig schneller als mit anderen.
Eine einmal ins Leben gerufene Sauerteigkultur kann
konserviert (gekühlt, getrocknet, tiefgefroren) und mitsamt ihrem
speziellen Charakter später wieder belebt werden. Das macht es
möglich, Sauerteig aus anderen Regionen zu kaufen, zu tauschen oder sich
aus dem Urlaub einen selbst gemachten Sauerteig mitzubringen.
Sauerteig lässt sich im Kühlschrank problemlos
aufbewahren. Er verfällt hier in einen Ruhezustand. Wenn man dann
mit ihm backen will, kann man ihn durch Zufuhr von Mehl, Wasser und Wärme
wieder backfertig machen.
2. Woher bekomme ich Sauerteig?
Sauerteig kann man selbst herstellen: entweder indem man
»von Null anfängt« und ihn aus Mehl und Wasser ansetzt, oder
indem man eine bereits vorhandene Sauerteigkultur (von Freunden, vom
Bäcker, aus der Tüte) sich vermehren lässt.
a) Sauerteig selbst herstellen (dauert etwa 3 bis 5
Tage)
Ein einfaches Rezept: 100 g Mehl (am besten
Roggenvollkornmehl) mit Wasser zu einem dickflüssigen Teig (etwa wie
Waffelteig) verrühren. In einer Schüssel zugedeckt an einem warmen
Ort etwa 24 Stunden stehen lassen. Dann wieder 100 g Mehl und entsprechend
Wasser zugeben, gut einrühren und erneut etwa 24 Stunden stehen
lassen. Weiter so verfahren, bis der Sauerteig
backfertig ist. Das erkennt man an drei Kriterien:
- Er riecht deutlich säuerlich.
- Auf der Oberfläche hat sich Schaum gebildet.
- Wenn man einen Löffel voll Teig genauer betrachtet, kann
man unzählige winzige Bläschen erkennen.
Ein Foto von backfertigem Sauerteig gibt es in der
Sauerteig-Galerie unter
http://www.moglitronik.de/mirko/seiten/stgal.htm.
b) Sauerteig aus einer vorhandenen
Kultur vermehren (dauert etwa 1 bis 3 Tage)
Wie oben, aber zu Beginn die vorhandene Kultur mit
einrühren. Weil diese Kultur die nötigen Mikroorganismen bereits
mitbringt, geht es auf diese Weise wahrscheinlich schneller, je nach
Stabilität und Stärke der Kultur.
Bemerkung zur Temperatur:
Optimal für die Entwicklung des Sauerteig sind
Temperaturen zwischen 25 und 30 °C. Bei niedrigeren Temperaturen
dauert die Entwicklung des Sauerteigs länger, manchmal kommt er gar nicht
zustande. Bei höheren Temperaturen entsteht weniger Säure und der
Geschmack kann fade werden. Höher als 35 °C sollte die Temperatur
nicht sein. Ein häufiges Problem sind zu niedrige Temperaturen. Es
kommt zwar auf die Stärke der Kultur an, die man verwendet. Es gibt sehr
starke Kulturen, die schon losblubbern, kaum dass man sie aus dem
Kühlschrank genommen hat. Wer aber Sauerteig selbst herstellen will oder
keine besonders starke Kultur besitzt, wird bei warmen Temperaturen eher
Glück haben. Im Winter stellt man die Schüssel einfach auf die
Heizung. Im Sommer kann man, falls es nicht warm genug ist, eine
Warmhalteplatte, eine Heizdecke oder bei manchen Öfen und Herden die
Warmhaltestufe verwenden. Auch eine starke Glühlampe gibt
möglicherweise genug Wärme ab. Wer ein Haus hat, kann den
Heizungsraum nutzen. Eine zu hohe Temperatur lässt sich wiederum
vermeiden, indem zwischen die Wärmequelle und die Schüssel mit dem
Sauerteig zum Beispiel ein Teller platziert wird. Um Hitzestaus zu
vermeiden, dringend die Bedienungshinweise der benutzten Geräte (auch
Heizungen) beachten! Es empfiehlt sich ohnehin, den auf eine dieser Arten warm
gehaltenen Sauerteig nicht länger aus den Augen zu verlieren, allein schon
weil er überquellen kann. Die Temperatur beeinflusst den Geschmack
des Sauerteigs: Niedrige Temperaturen begünstigen die Vermehrung der
Essigbakterien (der Teig wird saurer), höhere die der
Milchsäurebakterien (der Teig wird milder). Profis verwenden die
ausgeklügelte »Drei-Stufen-Führung« (siehe Punkt 8).
Bemerkung zu weiteren Zutaten:
Manchmal wird empfohlen, neben Mehl und Wasser weitere
Zutaten zuzugeben, etwa Kümmel, Jogurt, Kartoffelwasser, Weintrauben,
Essig oder gar Bäckerhefe. Wenn man Glück hat, schadet das nicht. Es
hat aber auch keinen Nutzen. Die in diesen Zutaten befindlichen Organismen
entwickeln sich in einem klassischen Sauerteig nicht von selbst. Die meisten
von ihnen verschwinden, sobald sich die Kultur stabilisiert. Es kann aber sein,
dass sie die Sauerteig-Symbiose stören oder verhindern. Bäckerhefe
ist zum Beispiel empfindlich gegen die Säuren im Sauerteig. Die
Säuren werden entweder die Bäckerhefe verdrängen oder umgekehrt.
Andere Zutaten als Mehl und Wasser können also getrost gleich weggelassen
werden. Wenn man also vom backfertigen Sauerteig einen Teil für das
nächste Backen aufheben will, sollte man das vor der Zugabe anderer
Zutaten tun.
3. Wie bewahre ich Sauerteig auf?
Bevor es an die Herstellung des Brotteigs geht, hebt man sich
von dem Sauerteig eine kleine Menge auf, zum Beispiel ein Schraubglas voll, das
man sofort in den Kühlschrank stellt. Er verfällt dann in einen
Ruhezustand, und wenn man das nächste Mal bäckt, rührt man
diesen Vorrats-Sauerteig einfach in die Mehl-Wasser-Mischung ein (wie unter
Punkt 2 beschrieben). Die Mikroorganismen werden dann aktiviert und sorgen
dafür, dass schnell wieder ein backfertiger Sauerteig entsteht.
Ein solcher Vorrats-Sauerteig hält sich problemlos
mehrere Wochen im Kühlschrank. Auch dort gärt er sehr langsam weiter,
weshalb a) das Schraubglas nicht fest verschlossen werden darf, b) der
Sauerteig irgendwann wieder aktiviert werden muss, damit die Mikroorganismen in
ihm nicht »verhungern«. Wenn sich nach ein paar Tagen eine leicht
alkoholische Schicht (»Fusel«) bildet, ist das normal. (Dass der
Sauerteig dann nicht mehr säuerlich, sondern eher »chemisch«
riecht, ist auch kein Grund zur Beunruhigung bei Wiederbelebung kehrt
die alte Säuerlichkeit zurück.) Vor Gebrauch rührt man diese
Schicht einfach unter.
Manche wollen ihren Vorrats-Sauerteig noch nach einem halben
Jahr verwendet haben. Eine längere Lebensdauer soll so genannter
»Krümelsauer« haben: Sauerteig, in den so lange Mehl
gerührt wird, bis er krümelt. Sauerteig lässt sich auch
einfrieren.
Eine Methode, die weniger zur Aufbewahrung als vielmehr zum
Transport per Post oder als »Sicherheitskopie« einer besonders
erhaltenswerten Sauerteigkultur gedacht ist, ist das Trocknen. Streicht man den
Teig dünnflüssig auf einen Bogen Wachs- oder Backpapier, kann man ihn
nach dem Eintrocknen leicht lösen und kleinkrümeln. Das so gewonnene
Pulver lässt sich wie unter Punkt 2 beschrieben reaktivieren.
4. Wie backe ich mit Sauerteig?
Rezeptsammlungen in Büchern oder dem Netz bieten
zahlreiche Sauerteig-Rezepte. In vielen davon ist allerdings etwa von
»Sauerteigextrakt aus dem Reformhaus« oder ähnlichem die Rede.
Oft wird zusätzlich Bäckerhefe verlangt. Diese Brote sind eine
schnelle Alternative zur etwas langwierigen traditionellen Backweise. Ersetzen
können sie diese aber nicht: Von dem charakteristischen Geschmack geht
einiges verloren, und die Nährstoffe im Mehl werden nicht so gut
aufgeschlossen wie mit einem »richtigen« Sauerteig.
Ein reines Sauerteigbrot braucht im Vergleich zu anderen
Broten vor allem zwei Dinge:
- viel Sauerteig (20 bis 40 Prozent des Teigs) und
- viel Zeit (zum Gehen).
Der Sauerteig muss backfertig sein, wenn das Brot ohne
Bäckerhefe auskommen soll. Auf Englisch nennt man den backfertigen
Sauerteig »Sponge« (= Schwamm, weil er von Bläschen durchsetzt
ist). Backfertigen Sauerteig erkennt man wie unter 2.a beschrieben. Wenn er nur
säuerlich riecht, aber keine oder nur wenig Bläschen aufweist, kann
man damit zwar auch backen es schmeckt dann auch ein wenig nach
Sauerteig , aber man benötigt zusätzlich ein
Lockerungsmittel wie Bäckerhefe.
Wenn der Sauerteig aus dem Kühlschrank kommt, ist er in
der Regel nicht backfertig, sondern befindet sich im Ruhezustand. Man
rührt ihn dann zunächst gut um (am Boden des Gefäßes hat
sich wahrscheinlich eine sehr fest gewordene Schicht abgesetzt), vermischt ihn
dann mit etwas mehr Wasser und Mehl, als zusammengenommen im Rezept an
Sauerteig verlangt wird (man braucht ja auch wieder einen Rest Sauerteig
für das nächste Mal) und lässt das Gemisch so lange stehen, bis
es den Kriterien für backfertigen Sauerteig entspricht. Das passiert bei
einem stabilen, starken Sauerteig je nach Wärme über Nacht oder in
wenigen Stunden.
Ein einfaches Rezept für einen Laib Brot
Zutaten: 1 Liter backfertiger Sauerteig 2
gehäufte Teelöffel Salz etwa 500 Gramm Mehl (z.B. jeweils
zur Hälfte helles Weizenmehl und Roggenmehl)
Sauerteig und Salz in einer Schüssel gut vermischen.
Dann nach und nach so lange Mehl einrühren, bis sich der Teig von der
Schüssel gut löst. Auf einer mit Mehl bestäubten
Arbeitsfläche eventuell restliches Mehl, vielleicht noch zusätzliches
Mehl einkneten. Eine Besonderheit bei Sauerteigbroten ist, dass sie nicht lange
geknetet werden müssen. Für eine gute Brotstruktur hat das lange
Gehen bereits gesorgt; durch zu starkes Kneten wird sie eher wieder
zerstört. Der backfertige Laib ist daher möglicherweise klebriger als
bei anderen Broten. Damit es beim Gehen oder Backen nicht festklebt, kann man
es zusätzlich einmehlen.
Eine Kugel formen, in die Oberfläche mit einem Messer
ein Kreuz schneiden, auf ein gefettetes oder mit Backpapier ausgelegtes Blech
legen und an einem warmen Ort zugedeckt eine Weile gehen lassen wenn man
sichergehen will, solange, bis sich das Volumen ungefähr verdoppelt hat.
Das kann je nach Wärme, Mehlsorte, Stärke des Sauerteigs 2 bis 6
Stunden dauern. Man kann das Brot auch über Nacht gehen lassen. Wenn man
eine Backform verwendet, geht es nicht in die Breite. Vorsicht: Sauerteig kann
die Oberfläche beschichteter Formen angreifen.
Den Ofen auf 200°C (bei Gasöfen je nach Modell Stufe
2-4) vorheizen. Blech auf mittlerer Schiene einschieben, etwa 50 bis 60 Minuten
backen. Das Brot ist fertig, wenn es beim Klopfen auf die Unterseite hohl
klingt (oder wenn an einem hineingestochenen und wieder herausgezogenen
Stäbchen kein Teig mehr klebt). Aus dem Ofen nehmen, auf einem Gitter
auskühlen lassen.
Tipps zum Backen:
- Eine knusprige Krume ähnlich wie beim Bäcker
bekommt man mit dem Erzeugen von Schwaden ziemlich gut hin. Die oft
empfohlene Schüssel mit heißem Wasser auf dem Boden des Backofens
bringt allerdings meistens nicht sehr viel. Effektiver ist es, in den erhitzten
Ofen kurz vor dem Einschieben des Blechs mit einer Sprühflasche viel
Wasser zu sprühen, das dann sofort verdampft. Das kann man am Anfang des
Backens mehrere Male wiederholen.
Ebenfalls förderlich für eine
schöne Kruste ist es, die Temperatur im Ofen möglichst konstant zu
halten. Haushaltsöfen kühlen nach dem Einschieben des Blechs mit dem
Brotlaib leider kurzfristig aus. Verbesserungen bringen Schamottsteine,
die die Wärme speichern. Man kann sie auf einem Drahtrost ins untere
Drittel des Ofens legen. Diese Steine (in einer Dicke von etwa 3 Zentimetern)
bekommt man für wenig Geld bei Kachelöfenbauern und in
Schamottsteinwerken.
- Eine dunkle, glänzende Krume erreicht man, indem
man den Brotlaib vor dem Backen mit Malz- oder Bohnenkaffee einpinselt. Dazu
muss man nicht erst welchen kochen: Ein bisschen Wasser, vermischt mit
Instantpulver, reicht.
Viele weitere Rezepte sind mit Sauerteig möglich:
Brötchen, Baguettes, Waffeln, Plätzchen und Pizza. Auch in
Brotbackautomaten kann man Sauerteigbrote backen. Viele Rezepte findet man zum
Beispiel im Kochbuch der Unix-AG der Uni Karlsruhe
(http://kochbuch.unix-ag.uni-kl.de) oder bei webkoch.de
(http://www.webkoch.de).
5. Welche Mehl- und Getreidesorten kann ich verwenden?
Zur Herstellung von Sauerteig eignen sich
grundsätzlich alle Getreidearten.
Die gebräuchlichen Mehle aus Weizen und Roggen haben
verschiedene Typenbezeichnungen, die für den Mineralstoffgehalt stehen,
der sich wiederum aus dem Anteil an Keim und Schale des Korns ergibt. Je
höher die Typenbezeichnung des Mehls,
- desto mehr Asche fällt an, wenn man das Mehl verbrennt
(so wird die Type berechnet),
- desto mehr Mineralien und Ballaststoffe sind enthalten,
- desto geringer ist sein so genannter Ausmahlungsgrad und
- desto dunkler ist das Mehl.
Die Bezeichnung »Type 550« ergibt sich z.B. aus
einem durchschnittlichen Mineralstoffgehalt von 0,55 Prozent. Im Handel sind
hauptsächlich folgende Typen: bei Weizenmehl 405 (das übliche
»Weißmehl«), 550, 1050 und 1070 (Weizenbackschrot), bei
Roggen 997, 1150, 1800 (Roggenbackschrot) sowie Weizen- und Roggenvollkornmehl
ohne Typenbezeichnung.
Die Herstellung von Sauerteig gelingt mit hohen Mehltypen
oder Vollkornmehl besonders gut. (Wahrscheinlich, weil an der Schale einige der
Mikroorganismen haften, die gebraucht werden.) Es gibt typischen Weizen- und
typischen Roggen-Sauerteig mit je charakteristischem Geschmack. Im
deutschsprachigen Gebiet gilt Roggen-Sauerteig als typisch, für die
italienischen Ciabatta-Brote ist ein Weizen-Sauerteig (der »Biga«)
charakteristisch. In Afrika kennt man gesäuerten Teig aus Maismehl.
Beim Backen gibt in erster Linie der Geschmack vor, welches
Mehl man verwendet. Man sollte aber beachten, dass die Brote umso länger
gehen müssen und/oder umso mehr Sauerteig und Flüssigkeit
benötigen, je stärker das Mehl in Richtung Vollkornmehl tendiert.
Daneben spielt der Anteil an Kleber-Eiweißen
(Gluten) und deren Art eine Rolle. Mehl aus Getreide mit stabilem Kleber, zum
Beispiel Weizen, hat gute Backeigenschaften: Es geht gut auf und hält gut
zusammen. Der Kleber in Roggen hingegen ist schwach. Außerdem
enthält Roggen viele Enzyme, die durch ihren Abbau von Stärke das
Brot »klitschig« machen können. Die Säure aus dem
Sauerteig hemmt nun diese Enzyme und stärkt darüber hinaus im Roggen
bestimmte Inhaltsstoffe, die für bessere Backfähigkeit sorgen.
Sauerteig ist also wie geschaffen für Roggenmehl. Ein nur mit
Bäckerhefe aufgegangener Teig aus Roggenmehl würde beim Backen in
sich zusammenfallen. Nur in Verbindung mit Säure ist auch das
Kleber-Eiweiß des Roggens dazu in der Lage, eine lockere Krume entstehen
zu lassen. Mehl mit schwachem oder ohne Kleber (etwa Maismehl) kann man zur
Verbesserung der Backeigenschaften mit Weizenmehl mischen. Es gibt auch reinen
Kleber, der aus Weizenmehl gewonnen wird und im Handel (zum Beispiel in
Hobbythek-Läden) erhältlich ist.
Weitere interessante Getreidesorten zum Backen mit oder ohne
Sauerteig:
- Amaranth (ein aus Südamerika stammendes Getreide)
- Buchweizen (botanisch gesehen kein Getreide)
- Einkorn und Emmer (Vorläufer des Kulturweizens)
- Dinkel (Spelzweizen, auch ein Vorläufer des
Kulturweizens, nussiger Geschmack)
- Gerste
- Grünkern (unreif geernteter und gedarrter Dinkel,
herzhafter Geschmack)
- Hafer
- Hartweizen (botanisch: Durum, eignet sich gut für Nudeln,
aber weniger zum Backen, weil die Kleber in der Regel zu schwach sind)
- Kamut (»Urweizen«, Weizenart ungeklärter
Herkunft, Markenprodukt)
- Mais
- Quinoa (aus Südamerika stammendes Getreide)
- Reis
6. Wo erfahre ich mehr über Sauerteig?
Wer Englisch kann, ist in der Newsgroup rec.food.sourdough
gut aufgehoben. Dort veröffentlichen regelmäßig
Sauerteig-Neulinge und Experten, es gibt gleich mehrere FAQs zu allen
erdenklichen Fragen. Auch per WWW sind die FAQs erreichbar:
http://www.nyx.net/~dgreenw/sourdoughfaqs.html. In den USA (aus denen die
meisten Teilnehmer dieser Newsgroup kommen) ist Roggenmehl nicht überall
erhältlich, Sauerteigbrote bestehen dort meistens aus Weizen (so auch das
klassische »San Francisco Sourdough Bread«).
Kleines englisch-deutsches Glossar:
- sourdough: Sauerteig
- starter: Sauerteigkultur
- hooch: Fusel
- sponge: backfertiger Sauerteig
- spelt: Dinkel
- »Hard wheat« ist nicht identisch mit dem deutschen
»Hartweizen« (englisch und botanisch »durum«), sondern
bezeichnet »harten« Weichweizen, also Weizen mit hohem Kleberanteil
Weitere Sauerteig-Adressen:
http://www.adler-muehle.de/info/index2.html Information
über Mehl & Getreide aus der Adler-Mühle. Mit der
Möglichkeit, den Müllern Fragen zu stellen, und einigen erprobten
Rezepten.
http://home.att.net/~carlsfriends/ Carl's Friends: Diese
englischsprachige Seite widmet sich der sehr stabilen Weizensauerteig-Kultur
des verstorbenen Carl Griffith.
http://www.sourdo.com Sourdoughs International, ein
Sauerteig-Vertrieb in den USA mit viel Auswahl. Leider ziemlich teuer.
Literatur
- Horst Skobranek: Bäckereitechnologie (Lernmaterialien)
Hamburg: Handwerk und Technik, 1995, 37,80 € (Lehrbuch, erklärt
so ziemlich alles, was man über das Backen wissen will)
- Gottfried Spicher / Hans Stephan: Handbuch Sauerteig. Biologie,
Biochemie, Technologie
Hamburg: Behr's, 1999, 101,12 €
(Standardwerk)
Auf Englisch:
- Alan Scott / Daniel Wing: The Bread Builders: Hearth Loaves and
Masonry Ovens
Chelsea Green Publishing Company, ca. 43 € (Alles
über Sauerteig und Brot, zahlreiche kleine Bäckereien in den USA
werden vorgestellt, mit ausführlichen Informationen und Anleitungen zum
Ofen-Selbstbau)
- Ed Wood: World sourdoughs from antiquity. Authentic recipes for
modern bakers
Berkeley, Cal.: Ten Speed Press, 1996, ca. 25 €
(Wissenswertes über Sauerteig, genaue Anleitungen und Rezepte, auch
für Brotmaschinen und Waffeleisen)
7. Wo gibt es Sauerteig und Mehl zu kaufen?
Vermehrungsfähige Sauerteige
Von folgenden Kulturen wurde berichtet, dass sich aus ihnen
stabile Sauerteige gewinnen lassen:
- Carl's Starter (erhältlich zum Unkostenpreis von 1 $ oder
einem internationalen Antwortschein bei Carl's Friends, s.o.)
- Vitam R Sauerteig-Extrakt (Pulver, Reformhaus, ca. -,50
€)
- Walkmühle Sauerteig in Trockenform (Bio-Abteilung
verschiedener Supermärkte, ca. 1 €)
- Sauerteige von Sourdough International (s.o., Stück 13 $
inkl. Versand nach Europa)
Weniger empfehlenswert zur Vermehrung scheinen die
flüssigen Sauerteig-Extrakte zu sein, die es oft in verschweißten
Plastikbeuteln zu kaufen gibt wahrscheinlich, weil sie durch Erhitzen
haltbar gemacht werden.
Mehl
Viele Läden führen nur Weizenmehl Type 405, das
dann auch oft ab € -,25 pro Kilo zu haben ist. Type 550 (manchmal
»Kuchenmehl« genannt) hat bessere Backeigenschaften und ist auch
günstig zu bekommen, höhere Typen kosten oft um die 1 €.
Mehl von guter Qualität bekommt man auch in
Bioläden und Reformhäusern. Dort kann man sich meist auch Getreide
frisch mahlen lassen. (Bei Weizenmehl empfiehlt sich allerdings, es nicht allzu
frisch zu verwenden: Einige Tage Lagerung verbessern die Backergebnisse.) Um
daraus Mehl geringerer Typen zu machen, müsste man allerdings die Kleie
aussieben. Ein Kilo Weizen oder Roggen kostet dort ungefähr 1,50 €,
Dinkel oft das Doppelte.
Günstiger gibt es größere Mengen Mehl oder
Getreide oft lose in Bioläden, bei Bauern und in Mühlen (siehe
»Gelbe Seiten«).
Wer Geschmack am Selberbacken findet, für den
dürfte sich auf die Dauer die Anschaffung einer elektrischen Mühle
lohnen. Wer Wert auf feines Mehl legt, ist mit einer Mühle mit
Keramik-Mahlwerk am besten bedient; diese Modell gelten als besonders
langlebig. Mühlen mit Stahlmahlwerk sind günstiger und können
oft auch Ölsaaten wie Mohn mahlen. Für manche Küchenmaschinen
gibt es Mahlaufsätze.
8. Was bedeutet ...?
... Anstellgut?
»Anstellgut« ist die traditionelle und
fachsprachliche Bezeichnung dessen, was in diesem FAQ
»Sauerteigkultur« oder »Vorrats-Sauerteig« genannt
wird.
... Anfrischsauer, Grundsauer und Vollsauer?
So heißen die drei Stufen in der
Drei-Stufen-Führung. Und was ist eine ...
... Drei-Stufen-Führung?
In der Fachsprache wird ein Teig »geführt«,
das heißt backfertig gemacht. Die Drei-Stufen-Führung ist die
klassische Sauerteig-Herstellung über 24 Stunden in drei Stufen bei
unterschiedlicher Teigtemperatur und -festigkeit. In der ersten Stufe
(Anfrischsauer) vermehren sich vor allem die Hefen, in der zweiten (Grundsauer)
eher die Säuren. Die dritte Stufe (Vollsauer) dient dem Ausgleich des
Verhältnisses von Essig- und Milchsäuren. Diese Teigführung ist
recht aufwändig, durch sie erzielt man aber einen besonders ausgereiften
Geschmack. Zu Hause ist sie nur schwer durchführbar. Wer viel Zeit und
Möglichkeiten zur Kontrolle und Regelung der Temperatur hat, kann es
versuchen: 1. Stufe: weicher Teig, 4 bis 6 Stunden bei 22 bis 26
°C, 2. Stufe: festerer Teig, 6 Stunden bei knapp unter
30 °C (oder bis zu 8 Stunden, dann aber mit festerem Teig,
kühler bis zu 22 °C und mit stärkerer
Entwicklung der Essigsäurebakterien), 3. Stufe: wieder etwas
weicherer Teig, 3 bis 4 Stunden bei 28 bis 30 °C.
... Kurzsauer?
Ein sehr schnell (innerhalb von etwa 3 Stunden) und bei
höheren Temperaturen entstandener Sauerteig mit einem hohen Anteil
Anstellgut. Bei dieser so genannten reduzierten Führung
interessieren nur die Säurebildner, also die Milchsäure- und
Essigbakterien; die Hefe wird extra zugegeben.
9. Dank & Copyright
Dieses FAQ (= Frequently Answered Questions, Häufig
beantwortete Fragen) verdankt sich all denjenigen, die mit Informationen und
Hinweisen zu seiner Verbesserung beigetragen haben.
Vielen Dank an
- Diedrich Ehlerding
- Dirk van Riesen
- Hartmut W. Kuntze
- Jens Werner
- Karl-Heinz Huber
- Markus Berthold
- Wolfgang Broeker
Das Sauerteig-FAQ wird von Mirko Driller zusammengestellt,
aktualisiert und monatlich in den Newsgroups de.rec.mampf, de.answers und
news.answers veröffentlicht.
Ergänzungen, Verbesserungsvorschläge, Fragen und
Mitteilungen bitte als Followup in de.rec.mampf veröffentlichen (bitte nur
die Zeilen zitieren, auf die sich die Bemerkung bezieht) oder per E-Mail an den
Verfasser (driller@gmx.de) senden.
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